Projekt des Kreises zur Unterstützung Wohnungssuchender
Groß-Gerau – „Es gibt freie Wohnungen bei uns im Kreis, aber man kommt nur schwer dran, erfährt oft nur unter der Hand davon. Eben dank Beziehungen, durch Vitamin B.“ Das sagte Landrat Thomas Will bei einem Pressegespräch im GroßGerauer Landratsamt, bei dem die Stabsstelle Asyl und Zuwanderung der Kreisverwaltung und die Neue Wohnraumhilfe gGmbH Darmstadt, Kooperationspartner des Kreises GroßGerau, ihr neues „VitaminB“-Projekt der Öffentlichkeit vorstellten.
Bei dieser Offensive geht es darum, leer stehende Wohnungen an den Mann, die Frau und die Familie zu bringen. Dabei steht die Neue Wohnraumhilfe sozial benachteiligten Mitgliedern der Gesellschaft zur Seite, beschrieb Geschäftsführerin Doreen Petri. „Wir vermieten an Menschen, die einen erschwerten Zugang zum Wohnungsmarkt haben, und wir beraten Mieter und bieten bei Bedarf auch eine weiterführende Unterstützung an.“ Die Wohnraumhilfe hat einen Wohnungsbestand von rund 350 Wohnungen, einige davon auch im Kreis GroßGerau.
Beim Projekt „Vitamin B“ geht es indes vor allem darum, neue Vermieterinnen und Vermieter zu finden, dort eventuell vorhandene Ängste und Vorbehalte zu verringern. Profitieren sollen davon Wohnungslose und Geflüchtete im Kreis Groß-Gerau, betont Petri. Darunter auch die anerkannten Asylbewerberinnen und -bewerber, die noch in einer der vom Kreis gestellten 209 Gemeinschaftsunterkünfte leben – zum Teil schon viel zu lang leben, wie Landrat Thomas Will sagte. Denn aus den ursprünglich vorgesehenen Wochen in der Unterkunft sind oft Monate, ja Jahre geworden. Eine eigene Wohnung sei aber genauso wichtig für die Integration wie der Spracherwerb und der Job.
Von den 2850 Geflüchteten, die aktuell im Kreis Groß-Gerau leben, ist mittlerweile rund die Hälfte anerkannt und auf der Suche nach eigenem Wohnraum, sagte Olga Stüwe von der Stabsstelle Asyl und Zuwanderung.
Der Mangel an preisgünstigen, für jedermann erschwinglichen Wohnungen hat viele Gründe. Unter anderem den seit Jahren bestehenden Zuzug, ob aus anderen Regionen Deutschlands, aus Europa oder dem Nahen Osten. In den vergangenen 15 Jahren wuchs der Kreis um rund 20.000 Menschen auf 270.000, „bis Mitte der zwanziger Jahre werden hier 300.000 Menschen leben“, sagte der Landrat.
Umso wichtiger, jetzt jede Chance zu ergreifen, um Wohnraum aufzuspüren – sei es über die klassische Akquise, bei Veranstaltungen, bei Fototerminen mit dem „Wohnzimmer ohne Dach“ oder durch Internet-Aktivität. Dabei werden Kreis, Kommunen, Neue Wohnraumhilfe, soziale Einrichtungen, Ehrenamt und Unternehmen zusammenarbeiten, wie Projektkoordinatorin Jana König erklärte. „Wir möchten Vorur
teile abbauen, Wohnungslose mithilfe von Steckbriefen fit machen für die Bewerbung, viele Menschen mit einem bunten Strauß von Maßnahmen zum Mitmachen bewegen.“ Zum Beispiel Handwerksbetriebe, die nach erledigter Arbeit an einem Haus ihre Rechnung mit einem Briefumschlag versenden, in dem sich auch Infos zum Projekt „Vitamin B“ finden. Zum Beispiel über die Erfolgsgeschichten, die Mieter und Vermieter im Internet auf der eigens in Zusammenarbeit mit der Agentur quäntchen + glück geschaffenen Homepage (dein-vitamin-b.de) erzählen. „Das ist bundesweit ein neuer Ansatz, Öffentlichkeitsarbeit in diesem Zusammenhang auch online und in den Sozialen Medien zu betreiben“, so Jana König.
Weiterer Aspekt des Projekts: Ehrenamtliche können sich zu Wohnungsscouts schulen lassen. „Wir wollen Freiwillige finden, die Wohnungslose begleiten und ihnen helfen – beim Wohnung finden, aber auch noch in den ersten Wochen und Monaten nach dem Einzug“, erläuterte Jannick Popelka von „Vitamin B“. Dabei geht es um Tipps zum Müll trennen genauso wie um Heizen, Lüften oder Umgangsformen in einem Mietshaus. Außerdem ist innerhalb des Projekts die „Aktion Wohnen“ geplant – ein Beteiligungsgremium, das einmal im Monat zusammenkommt, um Interessen und Ziele zu besprechen.
„Wir begleiten den kompletten An- und Vermietungsprozess auf professionelle Weise. Wir schaffen passgenaue Kontakte“, betont Jana König von der Neuen Wohnraumhilfe: „Der Kreis Groß-Gerau geht mit diesem Projekt als Vorbild voran. Die Ideen lassen sich bestimmt auch andernorts umsetzen.“
ggr
Foto: Kreisverwaltung