Im Rahmen einer Pressekonferenz am heutigen Freitag (29.) hat Klimaschutzdezernent Michael Kolmer die Ergebnisse des kürzlich abgeschlossenen Projekts „Stadtklimaanalyse“ für die Wissenschaftsstadt Darmstadt und aus dem Projekt resultierende Kartenwerke vorgestellt. Ziel des Projektes war die Erfassung und Bewertung des Stadtklimas. Das Kartenmaterial wird zeitnah auf der städtischen Website veröffentlicht.
Zentrales Produkt der Stadtklimaanalyse ist die so genannte „Klimaanalysekarte“, die die zehn Klimatope Darmstadts, den Grad der städtischen Überwärmung sowie Kaltluftabflüsse und Luftleitbahnen aufzeigt. Die „Planungshinweiskarte“ als zweites zentrales Kartenwerk spricht Maßnahmenempfehlungen zur Optimierung von Stadtgebieten aus, wie Begrünung, Entsiegelung oder Freihaltung von Kalt- und Frischluftschneisen. Beide Kartenwerke und weitere Darstellungen der in diese Karten eingeflossenen Daten bilden die Grundlage für künftige stadtklimatische Abwägungsprozesse.
Ergänzt werden diese Kartenwerke durch weitere Produkte, wie den „Wärmebelastungsindex“, die „Landoberflächentemperatur“ oder den „Versiegelungsgrad“. Letzter zeigt mit circa 58 Prozent die vierthöchste Versiegelung aller Großstädte in Hessen. Dieser Umstand trägt unter anderem zum ausgeprägten Wärmeinseleffekt der Stadt bei, der durch eine Messkampagne in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Wetterdienst (DWD) in den letzten Jahren konkret belegt und veranschaulicht werden konnte. So ist das Stadtzentrum im Mittel um etwa zwei Grad Celsius gegenüber dem Umland erwärmt. Aus der Messkampagne mit dem DWD wird ersichtlich, dass das Maximum der Temperaturunterschiede im Juli 2023 bei über neun Kelvin lag. Mittels Satellitendaten und Drohnenbefliegungen konnten hochauflösend Hitze-Hot-Spots detektiert werden. Sommerliche Oberflächentemperaturen jenseits der 50 Grad Celsius-Marke sind demnach keine Seltenheit, wie die Thermalbefliegungen des Karolinenplatzes und des Bahnhofsvorplatzes vom 30. Juli 2024 zeigten.
Zeitreihenanalysen zeigen einen Anstieg der Lufttemperatur in Darmstadt bis zum Jahr 2100 im Falle eines „Weiter-wie-bisher“-Szenarios bezüglich der globalen Klimaschutzbemühungen um drei bis vier Grad Celsius gegenüber der Referenzperiode 1971-2000 bzw. um ein Grad Celsius beim „Klimaschutz-Szenario“. Ein „Weiter-wie-bisher“ würde eine zusätzliche Anzahl von 23 bis 37 Hitzetagen (1991-2020 im Mittel 17 Hitzetage) und 13 bis 23 zusätzliche Tropennächte (1991-2020 im Mittel 0-1 Nacht) bedeuten. Der Niederschlagstrend mit zunehmender Sommertrockenheit würde sich in beiden Szenarien fortsetzen, ohne konsequenten Klimaschutz in deutlich dramatischerer Form.
Dazu Klimaschutzdezernent Kolmer: „Die Satellitenauswertungen zeigen schon heute, dass der Westwald aufgrund des schlechten Zustandes weniger kühlend wirkt als der noch verhältnismäßig vitale Ostwald. Es ist daher neben lokaler Klimaanpassung an die bereits eingetretenen Folgen des Klimawandels von zentraler Bedeutung, dem Klimaschutz auf allen Ebenen höchste Priorität einzuräumen. Globaler Klimaschutz ist die wirkungsvollste, günstigste und sicherste Klimaanpassung – auch, weil die Grenzen der Klimafolgenanpassung bei einem ‚Weiter-so-Szenario‘ überschritten würden und somit keine Anpassung mehr technisch möglich bzw. wirtschaftlich darstellbar wäre.“
Wie sich die Wissenschaftsstadt Darmstadt an die bereits heute sicht- und spürbaren Folgen des Klimawandels anpassen will, zeigt der voraussichtlich im ersten Quartal 2025 erscheinende Klimaanpassungsplan. Die jüngsten Ergebnisse der Stadtklimaanalyse werden darin ausführlich erörtert.
Das in 2023 begonnene Projekt „Stadtklimaanalyse“ wurde durch das Thüringer Institut für Nachhaltigkeit und Klimaschutz GmbH (ThINK) unter Federführung des Amtes für Klimaschutz und Klimaanpassung der Wissenschaftsstadt Darmstadt bearbeitet. Das Projekt mit einem Gesamtvolumen von 57.039,68 Euro wurde zu 90 Prozent aus Mitteln der Förderrichtlinie des Landes Hessen zur Förderung von kommunalen Klimaschutz- und Klimaanpassungsprojekten finanziert.