Infoabend für Sportvereine des Südkreises
RIEDSTADT – Was können und dürfen Sportvereine tun gegen diskriminierende Ausgrenzung im Sportalltag und die Gefahr der Instrumentalisierung des Vereins durch demokratiefeindliche Kräfte? Muss zum Beispiel ein Vereinsheim allen Parteien vermietet werden, oder kann sich der Verein das aussuchen?
Um ihren Vereinen Rechtssicherheit zum Thema politische Neutralität des Sports zu geben, hatte der Sportkreis Groß-Gerau und die Sportjugend Hessen zu einem Infoabend für Sportvereine im Südkreis in die Christoph-Bär Halle in Riedstadt-Goddelau eingeladen. Es war die Auftaktveranstaltung von drei geplanten Regionaltreffen in Fortführung des Pakts „Menschenwürde und Zusammenhalt – auch im Sport“, das der Sportkreis in Kooperation mit dem Beratungsnetzwerk Hessen „Gemeinsam für Demokratie und gegen Rechtsextremismus“ und der Sportjugend vor drei Jahren initiiert hat. Infoabende für die Region Mitte und den Nordkreis sollen noch folgen. Anwesend war auch der neue Erste Kreisbeigeordnete Adil Oyan.
Bürgermeister Marcus Kretschmann erinnerte in seiner Begrüßung an die viel beachtete Aktion „Riedstadt macht Licht!“, bei der Anfang des Jahres beeindruckend viele Menschen in den fünf Stadtteilen dem Aufruf der Kirchengemeinden, vieler Vereine und Organisationen sowie der Büchnerstadt gefolgt waren, mit Lichterketten für Zusammenhalt und ein Miteinander statt Gegeneinander in der Corona-Pandemie einzutreten. „Ich habe in der vorbereitenden Telefonkonferenz erlebt, wie viele Vereine unsicher waren, was sie gegen Hetze machen können. Deshalb habe ich sofort gesagt, das machen wir gerne hier, weil wir auch damals gesagt haben, wir setzen ein Zeichen“, erklärte er.
Sportkreisvorsitzender Eckhardt Stein erinnerte daran, dass der Pakt für Menschenwürde seinerzeit gegründet wurde, weil es eine heftige Kontroverse zwischen einer rechtspopulistischen Partei und einem Sportverein gegeben hatte und sich der Verein schließlich Rat beim Sportkreis geholt hatte. „Da das kein Einzelfall war hatten wir überlegt, wie wir das thematisieren können und unseren Sportvereinen eine Hilfestellung geben können“, so Stein. Die Auftaktveranstaltung im Landratsamt Groß-Gerau sei auf großes Interesse bei den Vereinen gestoßen und hervorragend besucht gewesen. Doch dann kam die Pandemie, sodass alle weiteren Pläne drei Jahre auf Eis liegen mussten.Angelika Ribler, Referatsleiterin Jugend und Sportpolitik bei der Sportjugend Hessen, moderierte die Infoveranstaltung. Die begann mit einem kurzen Videofilm der BüchnerBühne, in dem Oliver Kai Müller den großkotzigen Vorsitzenden des „TSV Senftenberg“ mimt, der sich einige Freiheiten bezüglich fragwürdiger Sponsoren herausnimmt und auch kein Problem darin sieht, dass sein Sohn den Spieler einer gegnerischen Mannschaft als „Kameltreiber“ bezeichnet. In der anschließenden Diskussion wurden viele Fragen aufgegriffen, die die Vereine umtreiben. Etwa zum Thema Sponsoring und Werte, aber auch zur Frage, ob ein Neutralitätsgebot in der Satzung festgeschrieben sein muss, um gegen Verletzungen vorgehen zu können. Über allem stand die übergeordnete Frage, ob sich Sportvereine politisch positionieren dürfen.
Klarheit gab Referentin Nina Reip von der Geschäftsstelle Netzwerk Sport & Politik für Fairness, Respekt und Menschenwürde, die das Ergebnis eines rechtswissenschaftlichen Gutachtens vorstellte. Dabei erfuhren die interessierten Vereinsmitglieder unter anderem, dass es keine Pflicht zur Aufnahme neuer Mitglieder gibt. Ein Verein muss seine Räumlichkeiten auch nicht weitervermieten und braucht dafür auch keine Begründung. Eines war allen Beteiligten besonders wichtig, was Bürgermeister Kretschmann treffend zusammenfasste: „Ein Sportverein darf sich nicht parteipolitisch, sehr wohl aber gesellschaftspolitisch positionieren, solange er die Grundrechte anderer beachtet.