Leben in Zeiten von Krisen

Ein anregendes Theaterstück mit dem Berliner Ensemble Radiks sahen Siebtklässler*innen der Luise-Büchner-Schule in Groß-Gerau. Foto: Kreisverwaltung

Theateraufführung zum Thema Rassismus, Respekt und Freundschaft

KREIS GROSS-GERAU – „Worum geht es im Leben?“ Rund um diese Kernfrage dreht sich das Theaterstück „Wir waren mal Freunde“ des Autors Karl Koch, das das Berliner Ensemble Radiks am Mittwoch, 16. November 2022, an der Luise-Büchner-Schule aufführte.

Das Jugendbildungswerk des Kreises Groß-Gerau organisierte die Veranstaltung in Kooperation mit dem Mittelstufengymnasium in Groß-Gerau. 140 Schüler*innen der Jahrgangsstufe 7 sahen die sehr abwechslungs- und temporeiche Vorstellung und konnten im Anschluss ihre Fragen an die Schauspieler*innen stellen.

Zum Inhalt: Als der 16-jährige Joscha einem Obdachlosen bei einem Brand das Leben rettet, gerät er selbst in Verdacht, das Feuer in der Geflüchtetenunterkunft gelegt zu haben. Das Gerücht verbreitet sich in der Schule und Joscha wird zunehmend ausgegrenzt, als er erfährt, dass seine Schwester Marion am Abend des Brands dort war. Die unterschiedlichen Positionen der Geschwister münden in einem Rap-Duell zu den Themen Rassismus und Toleranz.

Währenddessen begegnet Joscha in einer Gruppenarbeit zum Thema „Deine Zukunft“ zufälligerweise Melek. Die beiden kennen sich seit der Grundschule und waren mal befreundet. Jetzt stellt sich die Frage: Was passiert, wenn sich mit der Zeit die Werte im Freundeskreis verändern und auseinanderdriften? Hinter den inzwischen aufgebauten Vorurteilen lassen sich nach ersten provokativen Auseinandersetzungen dennoch Gemeinsamkeiten und ein Vertrauen zueinander erkennen. In ihren Gesprächen spielen zerrüttete Familien, soziale Ungerechtigkeit und damit einhergehende Gefühle wie Wut und Neid sowie Glaube und Freundschaft eine Rolle. „Du glaubst doch sowieso an nix“, wirft die muslimische Melek Joscha vor. Dieser entgegnet: „Ich glaub an mich, reicht das nicht?“

Die Zukunftsvorstellungen der beiden sind geprägt von den Krisen dieser Zeit von Krieg bis Klima. Und auch der Obdachlose, den Joscha im Krankenhaus besucht, „hatte mal eine Zukunft“, meint Joscha, bis er von der Gesellschaft ausgegrenzt wurde. Schließlich sei die Welt einfach eingeteilt in Gewinner und Verlierer. „Worum geht’s denn im Leben?“, fragt der Protagonist schließlich Murat, einen weiteren Freund: „Dass man Freunde hat, Ehre und Stolz.“

Im anschließenden Nachgespräch beantworteten die Darsteller*innen Liane Steinnagel und Alexander Abramyan Fragen aus dem Publikum. Die Jugendlichen interessierten sich unter anderem für den Hintergrund des Theaterstücks, das anlässlich der Krise der Asylpolitik 2015 entstand und heute, sieben Jahre später, vor dem Hintergrund brennender Unterkünfte für Geflüchtete nach wie vor aktuell ist.

Die vielen Anstöße und Impulse, die das Bühnenstück unter anderem zu Freundschaft, Mobbing, Ausgrenzung, Meinungsmanipulation durch das Internet, Stolz und Ehre bietet, werden in den Klassen weiter aufgegriffen. Auch das Jugendbildungswerk des Kreises Groß-Gerau bietet verschiedene Projektformate für Jugendgruppen und Schulklassen.

ggr

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